Nachruf E. Janssen †

Nachruf

Er galt als „der erfolgreichste Heiler Europas“


Ewald Janssen aus Horsten (zuletzt Warsingsfehn) gestorben.


Er war eine der schillerndsten Figuren, die Ostfriesland je hervorgebracht hat. Am 17.03.2021 ist der aus Horsten stammende, in ganz Europa als Heiler bekannte Ewald Janssen im Alter von 73 Jahren gestorben. Bis zuletzt hat er in seiner Praxis in Warsingsfehn Patienten „behandelt“, die teilweise von der Schulmedizin schon aufgegeben worden waren.


Ewald Janssen hatte ursprünglich Einzelhandelskaufmann gelernt und war Marktleiter in Supermärkten in Raum Ostfriesland/Wilhelmshaven. In den 70er Jahren wurde er einer breiteren Öffentlichkeit darüber hinaus als Sänger und Moderator bekannt. Zusammen mit Jonny Stulken aus Großefehn bildete er das Duo „Freedoon“, das recht erfolgreich selbst komponierte und getextete plattdeutsche Folklore auf den Markt brachte. Virtuos spielte Janssen auf der zwölfsaitigen Gitarre und sang mit seinem vollen, wohlklingenden Bassbariton auf Veranstaltungen in ganz Deutschland.

Er selbst erzählte, dass er seine Fähigkeit, anderen Menschen zu helfen, von seiner Mutter übertragen bekommen hat. So wie er das Heilen wiederum seiner Tochter Melanie übertragen hat, die in der gemeinsamen Praxis in Warsingsfehn wirkt.


Lange Zeit betrieb er seine „Praktijk voor alternatieve Geneeswijzen“ in Hamdijk in den Niederlanden. In Deutschland durften Heiler damals nicht praktizieren. Doch durch zahlreiche Fernseh- und Zeitungsberichte hatte Ewald Janssen in der Szene eine große Bekanntheit erlangt.


Nun ist das Thema „Geistheilung“ wahrlich nicht unumstritten. Es gibt aber Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in letzter Not an den „Heiler aus Ostfriesland“ gewandt haben. Und die heute sagen, dass sie Ewald Janssen ihr Leben verdanken. Andere haben ihn – auch im Internet – der Scharlatanerie bezichtigt. Deshalb wechsele ich jetzt in die (journalistisch eigentlich unübliche) Ich-Form. So kommt vermutlich authentischer rüber, wie Menschen den Heiler Ewald Janssen erlebt haben:

Mein heute längst erwachsener Neffe Florian war zehn Jahre alt, als bei ihm ein Germinom (eine spezielle Art von Hirntumor) entdeckt wurde. Nach einer zehnstündigen Operation war der früher so aufgeweckte, fröhliche Junge halbseitig spastisch gelähmt und verfügte nur noch über ein Kurzzeit-Gedächtnis. Da ich Ewald Janssen seit vielen Jahren kannte, statteten meine Frau und ich ihm mit Florian einen Besuch ab.

Der Zehnjährige war damals nicht in der Lage, Treppen zu steigen. Auf allen Vieren krabbelte er wie ein junger Hund die Stufen zur Wohnung des Heilers hoch. Der unterhielt sich eine gute halbe Stunde mit dem Jungen und meinte zu uns nur lakonisch: „Das kriegen wir wieder hin.“ Er wollte sich noch kurz unter vier Augen mit Florian unterhalten. Wir verließen die Wohnung und warteten unten. Unglaublich, was dann passierte: Wenig später kam Florian freudestrahlend aus dem Zimmer, ging wie selbstverständlich aufrecht die Treppe herunter und schwärmte in höchsten Tönen davon, wie viel Spaß es ihm doch gemacht habe, sich mit Ewald zu unterhalten. Kein Krabbeln auf allen Vieren mehr, sondern aufrechter Gang eine steile Treppe hinab! Dass er danach seine umständlich anzulegenden Orthesen nicht mehr brauchte, war ein weiterer Effekt.


Solche und ähnliche Geschichten erzählen sich viele Patienten, die davon überzeugt sind, dass Ewald Janssen ihnen geholfen oder sie vor Schlimmerem bewahrt hat. Und dass nachdem die Schulmedizin ihnen gesagt hatte, sie seien austherapiert. Darunter sind erfolgreiche Unternehmer und Geschäftsleute, die sich seit Jahren regelmäßig zur „Dienstagsrunde“ in Warsingsfehn in der Wohnung des Heilers getroffen haben und sich austauschten. Und die alle überzeugt sind, dass ihr Leben längst zu Ende sei, wenn sie nicht den Heiler aus Ostfriesland kennengelernt hätten.


Ewald Janssen hat übrigens niemals irgendwelche „Wundermittel“ oder Medikamente angeboten oder verteilt. Er legte die Hand auf und sprach ein Gebet. Auf die Zusammenarbeit mit der Schulmedizin legte er großen Wert, und es gibt andersherum nicht wenige Mediziner, die ihn und seine Tätigkeit nach dem Motto akzeptierten: „Wer heilt hat recht“.

Sicher gibt es auch Menschen, denen Ewald Janssen nicht helfen konnte. Und die sich hinterher enttäuscht im Internet über den „Humbug“ äußerten. Ich selbst habe Ewald Janssen über Jahrzehnte auch als Journalist begleitet und war immer wieder überrascht, wie viele Menschen in ihm tatsächlich den Heiler sahen. Vielleicht schwer zu begreifen, aber: Irgendetwas hatte dieser Mann aus Horsten mit dem durchdringenden Blick, der grauen Mähne und der sanften Stimme, das sich mit Verstand und Logik nicht erklären lässt.


Jetzt ist er im Alter von nur 73 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben. Er wird im Familiengrab seiner Eltern in Horsten beigesetzt.


Foto und Text: Wolfgang Malzahn, März 2021

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